- Freitag - 16. März. 2012
- 19:00 Uhr
- Ort: O2-Rossstalllambach
- Preis: AK / OÖN-Card € 8,-- / Abendkasse: € 10,-
- Kartenreservierung: einfach und schnell über die "Reservierungsfelder" (siehe linker Rand)
Sie fliehen vor Mord und Totschlag, Folter und Sklaverei, Blutrache und Zwangsehe – und vor dem ganz alltäglichen Elend.
In Österreich aber werden sie mit Misstrauen empfangen, mit der allgegenwärtigen Unterstellung, sich etwas aneignen zu wollen, was ihnen gar nicht zusteht, zu lügen und zu betrügen und „uns“ etwas wegnehmen zu wollen. Ihre Anträge auf Asyl werden oft viele Jahre lang nicht bearbeitet. Ihre Kinder wachsen als Österreicher auf – und sollen dann trotzdem eines Tages plötzlich das Land verlassen, weil sie angeblich eine Gefahr für Österreich sind. Sie heißen Tahira oder Fahim, Nabim oder Leila. Sie kommen aus Aserbaidschan oder Nepal, Afghanistan oder Nigeria. Gemeinsam ist ihnen, dass sie auf der Flucht sind und Hilfe brauchen.
Susanne Scholl ihrerseits hat einen guten Teil ihres Lebens außerhalb Österreichs verbracht. Vor einem Jahr kam sie zurück in ein Land, das sich ihr gegenüber sehr freundlich zeigte und sich doch als unverständlich kalt gegenüber Menschen in Not präsentierte. Davon handelt dieses Buch und von den Lebensgeschichten der Menschen, die in Österreich Zuflucht suchen und so oft dafür bestraft werden.
Autoren-Porträt von Susanne Scholl:
Aufschrei mit leisen Tönen
In dem Buch "Allein zu Hause" fordert die Journalistin Susanne Scholl zu mehr Toleranz gegenüber Flüchtlingen auf, die in Österreich Schutz suchen.
Foto © APA/TW1Kritisiert "Gesetze, die gegen Menschen gemacht werden": Susanne Scholl
Das Cover zeigt eine weibliche Gestalt, die, wie der Titel sagt, "alleine zu Hause" zu sein scheint. Das Haus ist brüchig, es trägt Kriegsspuren. Wie die Identitäten jener Menschen, die in Österreich Schutz, Asyl, suchen. Manche der "Fälle", die Susanne Scholl in ihrem neuen Buch beschreibt, kennt man. Sie betreffen bekannte Persönlichkeiten wie die Autorin Julya Rabinowich, die als Siebenjährige mit ihren Eltern aus der Sowjetunion nach Österreich gekommen ist. Die Sprachkünstlerin, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, errang den Rauriser Literaturpreis. Soeben erschienen ist ihre "Herznovelle".
Susanne Scholl, als ORF-Korrespondentin lange im Ausland tätig, führte unzählige Gespräche und sammelte Asylantenschicksale - und auf einmal bekommen die Flüchtlinge ein Gesicht und eine Stimme.
Spektakuläre Fälle
Ohne Effekthascherei und in einem distanzierten Plauderton erzählt Scholl, was bisher an Unfassbarem geschah: Sie erinnert an den spektakulären Fall des Tschetschenen Umar Israilow, der bei der Polizei um Schutz ansuchte und von Ramsan Kadyrows Agenten auf offener Straße hingerichtet wurde. Sie kontaktierte Asylanten aus aller Welt und sprach für das Buch mit Chilenen, Kurden und Nigerianern. Und ist "ver-zweifelt", weil sie zweifelt, ob ihr ins Buch gepackter humanitärer Aufschrei gehört wird. "Halbjährlich werden die Gesetze geändert, kaum jemand behält den Überblick", klagt Scholl. Die Botschaft an die Flüchtlinge lautet: "Ihr seid nicht willkommen."
Vom zweistufigen Asyl-Verfahren erzählt ein mit juristischer Unterstützung verfasstes Kapitel am Ende des Buches: Mit dem Bosnien- und später mit dem Kosovo-Krieg beginnt die heutige Asylgesetzgebung in Österreich, die seit 2000 systematisch verschärft wird. Susanne Scholl kreidet an: "Nie wird das bestehende Gesetz zugunsten der Menschen verändert, immer gegen sie!"
Susanne Scholl läuft mit den in "Allein zu Hause" geschilderten, brüchigen Biografien Sturm gegen diese legistische Ausrichtung. Mit leisen Tönen, doch mit "wahren Geschichten". Den Blick nicht abwenden, ist die Devise.
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