Thema:
70 Jahre Bürger-Krieg -
Kampf für Demokratie & Menschenrechte in Kolumbien -
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Ein Revolutionär auf der Suche nach Heimat
Luis Fernando Sepulveda fand in Lambach ein neues Zuhause. Die Sehnsucht nach Kolumbien ist ihm geblieben
Sein Name klingt wie Musik: Luis Fernando Sepulveda. Luis’ Geschichte beginnt in Kolumbien, wo der heute 46-Jährige seine ersten 35 Lebensjahre verbrachte, ehe er Hals über Kopf fliehen musste: „Ich stand auf einer Liste von Paramilitärs und fürchtete um mein Leben“, sagt der unentwegt lächelnde Kolumbianer, der heute in Lambach lebt und in der Malerin Anna Kontur eine kongeniale Partnerin fand.
Doch zurück zu Luis’ Ursprung, nach Cali, einer kolumbianischen Stadt mit 3 Millionen Einwohnern. Luis Fernando schloss sich schon früh der Befreiungsbewegung ERP an, die gegen das korrupte System bewaffneten Widerstand leistete. 1990 legte die EPL ihre Waffen nieder. Luis und seine Mitstreiter integrierten sich in der kolumbianischen Gesellschaft: „Ich leitete ein Bauunternehmen und war zugleich Obmann eines sozialen Entwicklungsvereins, der armen Menschen Arbeit verschaffte“.
Im Visier des Regimes
Bis heute kann sich der ehemalige Freiheitskämpfer nicht erklären, warum er Jahre später erneut ins Visier des Regimes geriet: „Freunde haben mich gewarnt und gemeint, ich müsse so schnell wie möglich das Land verlassen“. Die Geheimpolizei bespitzelte ihn Tag und Nacht. Mit einer blauen Limousine und abgedunkelten Scheiben wurde er verfolgt: „Da war mir klar, dass ich weg muss“.
Mit Ehefrau und zwei Kindern fuhr er noch am selben Tag in die Hauptstadt Bogota und stellte sich unter den Schutz des Roten Kreuzes. Monatelang klapperte er die Botschaften der westlichen Welt ab. Bis er eines Tages in der österreichischen Vertretung landete, wo man ihm ein Formular in die Hand drückte. Das war 1999. Luis Fernando Sepulveda sollte von da an seine Heimat nie mehr wiedersehen. Am Wiener Flughafen Schwechat blies ihm ein scharfer Wind ins Gesicht. Die junge Familie suchte um Asyl an. Seine Geschichte klang nicht nur glaubwürdig. Der Kolumbianer konnte seinen Flüchtlingsstatus mit allerhand Dokumenten belegen. Sechs Monate nach seiner Einreise kam ein positiver Asylbescheid
Als der erste Winter einzog, war die Familie außer sich: „Wir hatten noch nie zuvor Schnee gesehen. Ich kann mich noch erinnern, wie mein kleiner Sohn einen Schneeball formte und damit nach Hause kam. Er gab ihn in den Kühlschrank und sah immer wieder nach, ob er noch da war“. Wie der Schneeball, so zerrann auch Luis’ Familienglück. Nach der Trennung von Frau und Kindern zog der Kolumbianer nach Linz. Als ihn ein Freund eines Tages nach Lambach lotste, lernte er die Malerin Anna Kontur kennen. Das Paar verliebte sich. Die Künstlerin schenkte dem ehemaligen Freiheitskämpfer und Menschenrechtsaktivisten ein neues Zuhause.
Wiedersehen mit der Mutter
Einmal Kolumbianer, immer Kolumbianer. „Die Musik, das Essen, das Klima. Ich vermisse das“, gesteht Luis und blickt angespannt aus dem Fenster. Während sich die Sonne wieder einmal hinter einer dicken Nebeldecke versteckt hält, schmilzt draußen der Schnee: „Der Luis hat sich an dieses Wetter gewöhnt. Ich leide viel mehr darunter“, sagt seine Lebensgefährtin.
An Österreich schätzt Luis die soziale Ordnung: „Ich genieße das Privileg, in einem der sichersten Länder leben zu dürfen. Für jemanden, der mit dem Tode bedroht war, ist das ein besonderes Gefühl.“ Trotzdem packt ihn immer wieder das Heimweh. Auf Kuba gab es im Vorjahr ein Wiedersehen des verlorenen Sohnes mit seiner Mutter. Ein Familienbesuch in der Heimat erschien dem bei einer Welser Firma arbeitenden Magazineur zu riskant.
Eine Rückkehr nach Kolumbien wäre für ihn wie das Eintauchen in eine andere Welt. Eine Welt, die Luis nicht fremd ist. Doch aus Angst, sein Leben oder auch seine Freiheit zu verlieren, möchte er daran keinen Gedanken verschwenden
Quelle: OÖ. Nachrichten, 08.März 2013 (Erik Famler)
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